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news • May 22nd, 2023

Alte Weine, junge Spargeln. Und Silvia Mansers Küche

Ein denkwürdiger Abend! Die von Tscharners stechen ihre grandiosen Spargeln und öffnen ihre besten Flaschen.

Source: GaultMillau

Photos by: Nik Hunger

WARTEN AUF DEN REICHENAU-SPARGEL. 

Spargelmenü im Frühling? Nichts Besonderes. Spargelmenü mit schlosseigenen Spargeln und schlosseigenem Wein, dazu die Küche einer 17-Punkte-Chefin? Das ist schon ziemlich exklusiv. Und lange war auch ziemlich ungewiss, ob das geplante Spargelessen auf Schloss Reichenau auch wirklich stattfinden kann. Der Bündner Gastgeber und Schlossherr Gian-Battista von Tscharner: «Bei der ungemütlichen Witterung diesen Frühling haben die Spargeln die Köpfe eingezogen. Beinahe haben wir gedacht, sie wachsen rückwärts.» Ende gut, alles gut: Die Reichenau-Spargeln waren im letzten Moment bereit; «Plan B» (ein Diner mit badischem Spargel) war kein Thema mehr. 

ERNTE MIT DEM KÜCHENMESSER. 

Die Reichenauer Spargeln sind nicht wie ihre Artgenossen. Von Tscharners kultivieren sie nämlich nicht wie gewohnt in Erdhügeln, sondern lassen sie aus dem ebenen Boden wachsen. Gedeckt werden sie mit Tunnels aus schwarzer Folie. Zum Ernten genügt ein einfaches Küchenmesser. Ihr Anblick ist ungewohnt: Sie sind weiss, aber ihre Kopfform gleicht eher jener von grünen Spargeln. «Die Reichenauer Spargeln sind etwas Besonderes. Sie unterscheiden sich von den Diepoldsauern, die ich sonst meist verwende. Man muss sie deutlich weniger lang kochen. Man kann sie sogar roh essen.» Das sagt Silvia Manser, die mit 17 GaultMillau-Punkten ausgezeichnete Chefin der «Truube» Gais. Sie sorgte für die kulinarische Seite des Anlasses, unterstützt von ihrem Mann Thomas und dem Küchenteam. Silvia, Mitglied bei den Jeunes Restaurateurs: «Ich freue mich im Frühling immer sehr auf die Spargeln. Sie sind Frühlingsboten. Ein feines, sanftes Gemüse.»

OLD BUT GOLD. 

Die andere Hauptdarstellerin des Abends: Die Familie von Tscharner, vertreten durch Gian-Battista, Johann-Baptista und Francesca. Selbstverständlich gab es an diesem Abend nur Weine vom Schlossgut. Konkret: Jeninser Pinot Gris 2022 zu Spargelmousse, Morchel, Kirschlachs und Kresse. Sauvignon blanc «Goldrush» zu Schweizer Zander, Erbsen, Spargeln und Kaffirlimetten. «Churer Spotläs» zum Dessert (pochiertem Rhabarber, Spargel, weisser Schokolade und Pistazien). Zum Hauptgang wurden gleich zwei von Tscharner Weinen kredenzt: Jeninser Blauburgunder «Mariafeld», in den beiden Jahrgängen 2011 und 2018. Silvia Mansers Kreation dazu: Kalbsfilet und Raviolo, Spargeln, Karotten und Frühlingszwiebel. Die von Tscharners sind immer für gereifte Jahrgänge eingestanden. Nicht umsonst sind sie engagierte Mitglieder der Vereinigung «Mémoire des Vins Suisses», die Schweizer Weine der renommiertesten Güter archiviert.

«WIR SIND ZU CHARAKTERISTISCH.» 

Der Abend diente nicht nur dem Genuss, sondern auch der Weiterbildung. Von Tscharners könnten stundenlang über Wein reden. Gian-Battista ist dabei jeweils so unverwechselbar wie seine Weine. «Wir können nie mehr an Wettbewerben teilnehmen, wir haben keine Chance mit unseren Flaschen. Wir sind zu charakteristisch.» Und: «Der Pinot Noir ist eine Sorte, die am besten herauskommt, wenn sie untendurch muss. So kriegt man Charakter. Das gilt nicht nur für die Rebe.» Legendär sind auch Gian-Battistas Qualitäten als Unterhalter. Ein Müsterchen hierfür? «Wieso stösst man eigentlich mit Wein an? In vino veritas, im Wein ist Wahrheit. Mit der Wahrheit stösst man immer an.»